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Professionelle Skepsis: Lars Ginsberg testet den Thermomix-Herausforderer

MyCook vs. Thermomix

 

Auf vielfachen Wunsch der Kochmonster-Leser weihen wir den professionellen Teil unserer Rubrik „Boystoys“ mit einem Vergleichstest der Heissmix-Technologien ein. Aus aktuellem Grund, denn mit dem „MyCook 1.8 Professional“ des spanischen Herstellers Taurus tritt ein mit 950 Euro preislich vergleichbarer Konkurrent zum Platzhirschen Vorwerk Thermomix TM 31 in den Ring; der semiprofessionelle „MyCook 1.6 Domestico“ kostet sogar weniger als 800 Euro.

 

 

Beide Systeme erlauben die komplette Bandbreite von Zubereitungsarten, für die ein starker Mixer mit eingebauter Heizoption gebraucht wird:

- zerkleinern und pürieren

- reiben (z.B.: Käse oder Paniermehl)

- mahlen (z.B. Getreide, Kaffeebohnen)

- pulverisieren (z.B. Würfelzucker)

- hacken (z.B. Kräuter, Eiswürfel)

- kochen (z.B. Gemüse, Kartoffeln, Reis, Milchreis, Marmelade, Pasta-Saucen)

- schlagen (z.B. Sahne)

- emulgieren von Speisen, die sonst im heissen Wasserbad gerührt werden müssen (z.B. Mayonnaise, Mousse au chocolate, Sauce Hollandaise)

- kneten und rühren (z.B. Hefeteig, Brotteig)

- Zubereitung von Babynahrung

- Zubereitung von Eis

- Zubereitung von Brotaufstrichen

 

 

Kochmonster schickte das Testgerät auf eine Profi-Catering-Tour in Dresden und Berlin mit zusammen über 600 Gästen. Unser Tester, der Hamburger Koch Lars Ginsberg, arbeitet bei diesen Einsätzen seit Jahren mit dem Thermomix und testete den Herausforderer „MyCook 1.8 Professional“ bei der Arbeit wie auch in seiner heimischen Familienküche.

 

 

Lars Ginsberg kochte im Hamburger "il Ristorante" zusammen mit dem damaligen Sous Chef Nils Henkel, war Sous Chef im Sylter "Gogärtchen“, drei Jahre Executive Sous Chef bei Olaf Niemeier im Side Hotel in Hamburg und arbeitete als Küchenchef in der "Orangerie" im Hotel Palm Beach und im Hotel "Gran Residencia" auf Gran Canaria. Ginsberg ist mit allen Kochwassern gewaschen, legt seinen Schwerpunkt im Moment aber auf Avantgarde-Catering und Molekularkochkurse seiner „Agentur für Genuss“.

 

In den zwei Wochen unter harten, berufsalltäglichen Bedingungen kamen rasch die Stärken und Schwächen der beiden Systeme an den Tag. Gleich auf liegen der Deutsche und der Spanier bei der Grundbedienung wie z.B. dem Sicherheits-Spateleinsatz auch bei laufendem Mixer.

 

 

 

 

Auch die Kraft der Motoren ist vergleichbar. Der MyCook machte nie schlapp, wenngleich Lars Ginsberg den Eindruck hatte, dass der Motor bei Dauergebrauch recht heiss wurde. Und dass, obwohl er von der Wattzahl her (800) dem Thermomix (500) überlegen ist. Ganz klar die Nase vorn hat der MyCook beim Erhitzen: Mit seiner 1000 Watt Induktions-Power ist er wesentlich schneller (und energiesparender als die Heizspirale bei Vorwerk.

 

Die Induktion ermöglicht Temperaturen bis 120 Grad, die Konkurrenz macht hier bei 100 Grad schlapp (Ausnahme: der Varoma-Dampfaufsatz kommt bis 116 Grad hoch). Lars Ginsberg nutzte die 20 Extra-Grade on location zum Anschwitzen diverser Zutaten in Trehalosezucker. Das ist ein im Profibereich oft und gern eingesetztes Disaccharid aus pflanzlicher Stärke mit etwa 45% geringerer Süßkraft als normaler Haushaltszucker und eignet sich z.B. zum fettlosen Anschwitzen über 100 Grad.

 

Ginsberg testete die 120 Grad auch mit der häuslichen Zubereitung einer Bolognese-Sauce, doch die schmeckte überhaupt nicht: „Das Gerät kann sehr gut alle Zutaten zerkleinern, für eine gute Bolognese müsste es aber bis 140 Grad heiss werden, um Fleisch und Zwiebeln auch in Fett angehen lassen zu können. Ganz von selbst kocht die Maschine also nicht, aber man kann z.B. das Fleisch in getrennter Pfanne kross braten und später zum Thermomixen dazu geben.“

 

 

Ebenfalls gut gelang Ginsberg die Zubereitung von Babynahrung, Marmeladen und sehr fluffigen Hefe-Brotteigen in häuslicher Küche, sowie Suppen (hier punktet der MyCook auch durch seinen mitgelieferten Zweitbecher), Pürees und eine „extrem schnell emulgierte Hollandaise“ bei seinen Catering-Einsätzen.

 

 

Dass Ginsberg auch in Zukunft professionell lieber den Thermomix einsetzen will, liegt an einigen kleinen, aber für den Berufskoch doch sehr ärgerlichen Schwächen des Spaniers. Der Verzicht auf eine eingebaute Zutatenwaage (hat der Vorwerk und der Semiprofi-MyCook), einen vernünftigen Messbecher (geht nur bis 90 ml...) oder Komplett-Programme ließe sich im Arbeitsalltag noch verschmerzen, nicht jedoch die „fummelige Schließung des Deckels, die mit fettigen Fingern kaum funktionierenden Drucktasten des Bedienfeldes und das Fehlen von Saugfüßen“.

 

 

Dazu vermisste der Profi den wechselseitig schaltbaren rechts-links-Lauf und das Vertrauen in die Fehlermeldungen der Maschine: „Bei sieben der zehn möglichen Fehlermeldungen steht „einschicken“ in der Betriebsanleitung. Wie lange das bei einem spanischen Gerät dauert, möchte ich gar nicht wissen.“

 

 

Ebenfalls wenig Vertrauen hat Ginsberg in ein zentrales und ständig benutztes Bauteil: Der Spanner zum Fixieren und Lösen der Messer besteht aus Plastik und ist nur mit hauchdünnen Plastikachsen befestigt.

 

 

Im Dauergebrauch befürchtet der Profi hier eine böse Sollbruchstelle, noch dazu ist der komplette Unterbau der Mixbecher viel schwieriger zu reinigen als beim Thermomix: „Im harten Betrieb läuft da natürlich ständig irgendwas am Becher herunter und sammelt sich ausgerechnet an der Stelle, die ganz kompliziert zu reinigen ist.“

 

 

Ginsbergs Fazit: Für harten, professionellen Dauerbetrieb ist der MyCook auch wegen der problematischen Reinigungsfrage weniger geeignet – hier hat der Thermomix trotz der geringeren Maximaltemperatur noch die Nase vorn. Für den Hausgebrauch ist dagegen der mit 799 Euro deutlich günstigere MyCook 1.6 Domestico die bessere Wahl, bei dem sogar das komplette 3-Liter-Dampfkochset im Preis inbegriffen ist, der eine Wage eingebaut hat und mit 600 Watt Motorleistung für die Privatküche ausreichend Power mitbringt.