Stéphane Reynaud

Vive la France! Das Kochbuch

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Vive la France! Das Kochbuch
Stéphane Reynaud:
"Vive la France! Das Kochbuch"
Erscheinungsjahr: 2009
480 Seiten
299 Rezepte
39,90 EURO
ISBN: 978-3-88472-926-7

Bewertung

Rezeptgenauigkeit
Originalität
Nachkochbarkeit
Gesamtbewertung
Vive la France! Das Kochbuch Bewertung: 5 Sterne von 6 möglichen.

Kochmonster-Kritik

Wann schmettern Sie die Marseillaise? Allons enfants de la patrie... Spätestens, das sei versprochen, nachdem Sie sich dieses Kochbuch gekauft haben. Es ist die „it bag“ unter den aktuellen Kochbüchern. Die Pressemeldung des Verlags formuliert es so: „Zum Schwelgen, Schmökern und Schlemmen“. Was glücklicherweise nicht stimmt.

 

Diese französische Küche ist rustikal. In bodenständigen Aromen kann man nicht schwelgen. Zum Schmökern ist das Buch mit durchschnittlichen drei Rezepten pro Seite zu unhandlich. Zum Schlemmen ist es zu unromantisch.

 

Nein. Schmettern Sie die Marseillaise, trinken Sie ordentlichen Pinot Noir, erinnern Sie sich beim Zubereiten von Käsesoufflé, Eiern in Aspik, Kalbskopf und Cannelés in genetisch vererbter mémoire collective an Jahrhunderte währende Barrikadenkämpfe, an Èclairs, Millefeuille und Blankett.  Und schnuppern Sie zwischendurch am Wälzer, aus dem Sie das alles kochen. Er riecht ehrlich, nach gutem Papier. 

 

Die Rezepte sind übersichtlich gestaltet. Links das Produkt, rechts die Menge, darunter in Schritten ganz präzise, kurz und knapp die Zubereitungsart, darunter die Weinempfehlung.  Unterbrochen wird diese handfeste Rezeptur durch Rezeptfotos, die gleichermaßen rustikal wie charmant wirken. Das ist douce France, Marcel Pagnol, Seidenstrümpfe und „Das Brot des Bäckers“. Das ist das, was die Franzosen können und sonst keiner.

 

Zwischen den Seiten finden sich viele Essensmacher, von der dicken Metzgerin Colette über den Pariser Bistrowirt Nicolas bis zum Dudelsackspieler Hervé, eingefasst von ansprechend illustrierter Warenkunde, die sich Rasseschwein, Entenconfit, den zwölf Lockpfeifen für Wildgeflügel oder Austern widmet.

 

Neu ist an diesem Buch natürlich kein einziges Rezept. Neu ist die Wiederentdeckung und Würdigung einer Küche, die sich mit Ruhe, Bedachtsamkeit und warenkundlicher Klugheit – nicht zu vergessen dem Zigarettenstummel im Mundwinkel – Gerichten widmet, die sich eigentlich nur mit Schmatzen, Schlürfen, Fingerabschlecken würdigen lassen.

 

Reynaud ist kein Kochbuchneuling – er schrieb schon das überaus gute „Schwein & Sohn“ (2006) und das richtig gute „Terrinen & Pasteten“ (2007), beide in seinem deutschen Stammverlag Christian veröffentlicht. Ebenso ist er kein Kochquereinsteiger – ihm gehört in Montreuil sous Bois unweit von Paris das Restaurant „Villa 9 Trois“. Beides merkt man auch diesem Buch an, dessen deutsche Bearbeitung ebenfalls gelungen ist.

 

Fazit: Kaufen, wenn Sie Frankreich lieben. Kaufen, wenn Sie nostalgisch veranlagt sind. Kaufen, wenn Sie nur aus Faulheit nicht kochen. Kaufen, wenn Sie schon alles haben. Auch an Kochbüchern.

 

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Rezensent

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer

Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.

gugetzer@kochmonster.de
www.kochmonster.de