Auberginenrouladen

Vegetarisches Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Auberginenrouladen

Hätte man den über das Gericht gebröselten Fetakäse weggelassen und statt dessen zum Beispiel aromatisierte Nuss-Streusel genommen, wäre das Gericht sogar vegan (falls Essig und die Weine ohne Tiereiweiss geklärt wurden). Der auch für Fleischfreunde unerwartet kräftige Geschmack rührt bei diesem Rezept einerseits aus dem Zusammenspiel der Nuss-Röstaromen mit der tiefen Melassigkeit des verwendeten Muscovadozuckers. Fast noch wichtiger ist aber die Säure aus Wein, Portwein und Essig, die immens viel von den in den Trockentomatenfilets gebunden vorkommenden Glutaminen aktiviert – eine echte Geschmacksverstärkerrakete

 

Das Fruchtfleisch der heute gehandelten Auberginenarten hat deutlich weniger Bitterstoffe als früher. Damit entfällt die dehydrierende Einsalzung der Gemüsescheiben, die ja die Fettaufnahmekapazität des Gewebes sogar noch erhöht hat. Deshalb können wir unsere heutigen Auberginenröllchen in vergleichsweise wenig Öl anbraten und sie anschließend noch von der fettarmen Tomatensauce aufsaugen lassen. Güngörmüs zeigt in einem Alternativrezept einen anderen Weg auf: Er ritzt die Schnittflächen rautenförmig ein und backt die Auberginen mit den Rauten nach unten auf einem Blech im Ofen mit viel frischen Kräutern und nur ein paar Tropfen Öl.

 

Als unsere „Auberginenrouladen“ in der Mitte eines privaten Dreigangmenüs den Freunden als „vegetarischer Hauptgang“ annonciert wurden, gefror einigen eingefleischten Carnivoren kurz das dauerlächelnde Gesichtsfleisch. Normalerweise läuft der Trick ja eher anders herum, also die Gäste erst hinterher darauf hinweisen, dass sie soeben ihre Gaumen jenseits aller Fleischeslüste befriedigt haben. Im Fall der Auberginenröllchen sollten sie es vorher wissen – um sich wundern zu können, wie hier ohne jeglichen Substituten-Einsatz von Soja oder Lupinenschnitzel ein den Mund mit einer ungeahnten Umami-Wucht füllender Aromadruck erzeugt wird.

 

 

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 25 Minuten
Wartezeit: 2 Stunden
Zubereitungszeit: 15 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Rouladen
75 g Tomatenfilets, getrocknet
150 ml Rotwein
3 EL Balsamicoessig 8 Jahre alt
50 ml Portwein, rot
75 g Walnusskerne
2 EL Walnussöl
100 g Champignons, braun
80 g Tomatenmark von sonnenetrockneten Tomaten
2 EL Kräuter, gemischt nach Saison, gehackt
2 TL Muscovado Zucker (Brauner Rohrzucker aus Mauritius)
1 TL Meersalz, fein
1 TL Meersalz, fein
0,5 TL Piment D' Espelette
3 Aubergine, sehr groß
4 EL Olivenöl
Sauce
500 g Strauchtomate abgezogen, entkernt und in Würfel geschnitten
400 g Datteltomaten aus der Dose
1 EL Muscovado Zucker (Brauner Rohrzucker aus Mauritius)
2 EL Kräuter, gemischt nach Saison, gehackt
4 Knoblauchzehen
1 EL Olivenöl
1 Prise Salz
300 g Feta

Wein-Tipp

Miquel Gelabert "Torrent Negre Crianza" 2007

Angesichts des doch recht überschaubaren Wareneinsatzes für unsere Veggie-Röllchen sind vielleicht noch genug Taler übrig für einen richtig mächtigen mediterranen Roten: Der Torrent Negre 2007 vom malloquiner Wein-Star Miquel Gelabert zeigt, was man in diesem Terroir aus den klassisch französischen Rebsorten Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon noch alles hervorkitzeln kann – von den würzigen Röstaromen in der Nase bis zur fast schon fleischigen Dichte und Intensität am Gaumen. Wichtig: Unbedingt 2-3 Stunden vor dem Trinken dekantieren.

Text BELVINI: Dicht, karminrot und mit orangenen Reflexen im Saum liegt der Miquel Gelabert Torrent Negre im Glas. Das Bukett bringt sehr schöne Aromen von vollreifen Brombeeren, schwarzer Johannisbeere, Lakritz und Korinthen in die Atmosphäre. Wilder Majoran, getrocknete Schwarzbrotrinde, eingelegte Erdbeeren und Johannisbeerblätter, etwas Vanille und grüne, frische Stängel, nasser Schiefer und florale Noten nach Rosenblättern zeigen die Komplexität dieses wundervoll gereiften Weines.


Weich, trocken und mit mineralischen Noten im Auftakt, teigt der Miquel Gelabert Torrent Negre am Gaumen eine tolle Kombination von Reife und Frische. Rote Früchte, wieder Noten von Johannisbeerlaub, reifes Eichenholz mit dunklen Röstaromen und Noten von Schlehe und Sauerkirsche fließen wie eine Welle guten Geschmacks durch den Gaumen. Etwas Schokolade mit Kaffeenoten, kalter Schwarztee und die Kruste von dunklem Schokoladenkuchen zeigen die dunkle Seite im Geschmack nach sonnenverwöhnter Frucht.


Im Abgang viel Schlehe und Brombeere. Der lange Nachgeschmack mit seiner adstringierenden Wirkung, die spürbar und feinkörnig ein stützendes Gerüst um die Fruchtaromen baut, wird von der saftig wirkenden Fruchtsäure bis zum letzten Moment begleitet. Das wirkt jeder Schluck wie ein fröhliches Fest für den Gaumen.

Musik-Tipp

Zum Glück müssen wir die Tomatenmarinierzeit überbrücken und können aus dem Berg der Neuerscheinungen drei CDs in Ruhe in der Küche durchhören: Der vielleicht weltweit bekannteste Jazzmusiker Deutschlands, der Saxofonist und „Passport“-Bandleader Klaus Doldinger, feiert seinen 80. Geburtstag standesgemäß mit Groß-Kollegen wie Sasha, Helge Schneider, Dominic Miller oder Nils Landgren auf „Doldinger“ (Warner). Beim witzigsten Musik-Gruß singt Udo Lindenberg „Der Greis ist heiß“. Weitaus cooler, aber mit nicht minder viel Herzblut interpretiert, sind die in intimer Jazztrio-Atmosphäre aufgenommenen Songs von Lisa Simone auf „My World“ (Edel) – hier läuft die noch immer stark politisch bewegte Tochter von Nina Simone zu Höchstform auf. Wem das alles zu jazzig ist, findet eine ganz andere Art von Frauenpower auf der weiblichen Fortsetzung der superwitzigen Retro-Langsamtanz-Reihe „The Ladies Of Too Slow To Disco“ (Rough Trade) mit ungehobenen Schätzen von Seventies- Popheldinnen wie Carole King, Rickie Lee Jones oder Carly Simon.

Zubereitung

Rouladen

Tomatenfilets in feine Streifen schneiden. Weine und Essig aufkochen, über die Tomaten schütten und mind. 2 Stunden marinieren. Walnüsse mittelgrob hacken und mit dem Öl in Pfanne goldbraun rösten, dabei nicht anbrennen lassen. Champignons klein schneiden

 

 

und zusammen mit Tomaten, Nüssen, Kräutern (Salbei, Thymian, Rosmarin, Majoran etc.), Zucker, Salz, Chili und Tomatenmark im Blitzhacker zu einer glatten Farce mixen – notfalls mit 1-2 EL Walnussöl cremiger mixen. Die Masse sollte aber streichfähig und nicht zu verlaufend sein.

 

 

Auberginen waschen, längs mittig teilen und auf einer Aufschnittmaschine (oder scharfem Hobel) von der Mitte aus dünne Scheiben von max. 3 mm Dicke schneiden. Scheiben mit der Farce bestreichen, zu Rouladen aufwickeln und mit Zahnstochern fixieren.

 

 

In großer Pfanne im Olivenöl ringsherum anbraten.

 

 

Sauce

Datteltomaten aus der Dose nehmen und halbieren. Knoblauchzehen schälen, in feine Scheiben hobeln und im Olivenöl goldgelb braten.

 

 

Alle Zutaten incl. der restlichen Tomatensauce aus der Dose mischen und mit Salz abschmecken. Schafskäse auf scharfer Reibe fein raspeln.

Anrichten

Rouladen in Auflaufform geben, mit der Sauce übergießen und mit den Käsekrümeln bestreuen. Im Backofen bei 220°C Umluft 10 Min. gratinieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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