Pim Techamuanvivit
"Das Foodie-Handbuch"
Chez Pim heißt ihr Blog. Und der ist sehr gut. Ihr erstes Buch ist es ebenfalls. Das erleichtert mich als Pim-Fan der ersten Stunde, denn nicht jeder Foodblogger ist ein guter Autor. Auch die deutsche Übersetzung, altmodisch-aufwändig durch eine Übersetzerin, eine Textredaktion und eine Korrektorin gestaltet, ist wirklich gelungen.
Pim lebt in San Francisco und isst sich durch die ganze Welt, mit Betonung auf Frankreich. Sie schreibt geistreich, gebildet, zugewandt, klug, was generell schon nicht einfach, aber beim Essen nachgerade schwierig ist.
Das Buch, in ungewöhnlicher Broschur und mit Fadenheftung gebunden, auch hier: chapeau an den Christian Verlag, ist in vier Kapitel eingeteilt: Essen wie ein Foodie, Kochen wie ein Foodie, Trinken wie ein Foodie, Foodie für Fortgeschrittene. Die häufige Verwendung dieses Worts fällt mir als einziges Manko auf; es klingt (auch im englischen Original) affig, wobei mir peinlicherweise auch nichts Besseres einfällt.
In den Kapiteln stecken Rezepte von Ferran Adrià, Alain Passard, der Pariser Institution Yannick Alléno und dem bretonischen Fischkönner Olivier Roellinger. Es fehlt auch nicht die wirklich geniale méthode Robuchon, nach der ein Brathähnchen erst auf der einen, dann auf der anderen Keule gebraten und erst zum Schluss mit der Brust nach oben die Kruste kriegt. In einer Mischung aus Respekt und Respektlosigkeit, mit der sich Pim schon immer den Großen der internationalen Kochszene näherte, setzt sie ihren eigenen Klassiker Pad Thai, dessen Herstellung sich über mehrere Seiten hinzieht, dazwischen.
Solche Monologe sind immer lesbar – und genau hier unterscheidet sich Pim von dem Großteil der internationalen Bloggerszene. Sie labert nicht, sondern schreibt, was sie vorher gedacht hat. Dem wiederum ging eine lange Schaftelei in der Küche voran, bis banale Dinge wie Lammkarrée, Halbflüssige Schokoladenkuchen aus dem Glas oder eben Pad Thai gelingen, Basics also, die man einmal kapiert und dann ohne Kochbuch für alle Ewigkeit drauf hat.
Das tut sie, weil „die wichtigsten Beziehungen in unserem Leben oft ungemein kompliziert sind.“ Damit sind die Mutter, der Freund und das Essen gemeint. „Alle drei Beziehungen“, glaubt sie, „sind oft mit Liebe, Hass, Freude, Angst, Vertrauen, Misstrauen und einer ganzen Reihe weiterer Emotionen befrachtet. Manchmal reicht es einem einfach und man wünscht sich insgeheim, man wäre verwaist, wieder Single oder, noch schlimmer, Veganer“.
Pim hält unser Verhältnis zum Essen für ein verkorkstes. Das will sie ändern. Sie erklärt, wie man sich durchschnittlichen Sushi-Bars nähert, sich an asiatischen Straßenständen nicht den Magen ausrenkt, den Sommelier auf seine Seite zieht, ein echter Weinkenner wird und welche 50 Erlebnisse jeder Foodie mal machen sollte.
Ihr Versuch liest sich immer schlüssig und machbar. Natürlich liefert sie keine große Küche, auch wenn sie Sterne-Köche unter ihren Bekannten hat, doch die schätzen an Pim, dass ihr eigenes Verhältnis zum Essen eben ein natürliches und kein verkorkstes ist.
Fazit: Ein wunderbarer Einstieg ins kluge Kochen und bewusste, sogar umweltbewusste Genießen. Nichts für Sterne-Könner und Angeber.
Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer
Gabriele Gugetzer holte sich einen M.A. in Südkalifornien, lebte in London und schreibt seit vielen Jahren über Essen und Trinken. Sie hat über 20 Kochbücher herausgebracht, ist Feuerwehr- und Schottlandfan und die Reisereporterin der Zeitschrift "LandGenuss". "Nach einem Backbuch kommt sie mit ihrem aktuellen Projekt – zur Buchmesse auf dem Markt – ihrer Lieblingsstadt wieder näher. "Indische Küche in London" heißt es.
gugetzer@kochmonster.dewww.kochmonster.de