Vitello Tonnato 2.0

Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Vitello Tonnato 2.0

Mit etwas Mut lässt sich das Prinzip Vitello Tonnato spannend dekonstruieren: Wir stellen eine schnittfeste Creme aus Nonpareilles und Kapernäpfeln her, setzen roh marinierten Sashimi-Thunfisch und zart gegarte Kalbswürfel darauf und krönen das Gericht mit knusprig gebratenen Salzkapern.

© 2009 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 3 Stunden
Zubereitungszeit: 40 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Thunfisch
400 g Thunfisch, roh, Sashimi-Qualität
1 EL Ingwer, frisch, gehackt
2 EL Ingweröl
1 TL Kaffirlimettenblätterpulver
1 TL Kubebenpfeffer
1 TL Lemon Myrtle
Kalbfleischwürfel
400 g Kalbsrücken, ausgelöst
2 Zweige Oregano, frisch
2 Zweige Rosmarin, frisch
4 Zweige Zitronenthymian, frisch
1 EL Knoblauch, gehackt
2 TL Kräutersalz
1 TL Pfeffer, bunt
2 EL Olivenöl , kaltgepresstes, natives
2 TL Trüffelöl, weiß
Kapern-Espesante
100 g Kapern Nonpareilles
50 g Kapernäpfel
8 Stück Kapernäpfel
24 Stück Kapern in Meersalz
200 g Sahne
1 Prise Salz und Pfeffer
13 g Xanthan
5 g Lebensmittelfarbe Silber

Wein-Tipp

Boon Framboise

 

Ein Bier von  Frank Boon


Stilbeschreibung

Lambic-Biere werden nicht ober- oder untergärig gebraut, sondern mit einer spontanen Gärung hergestellt. Dies geschieht, wenn die Würze über Nacht kühlt und mit besonderen wilden Hefen, die es nur in der Gegend um Lembeek nahe Brüssel gibt, in Kontakt kommt. Lambic- Biere reifen mehrere Jahre in Holzfässern und werden nur in Lembeek im Sennetal hergestellt.


Besonderheiten

Boon Framboise spielt die Nähe der Lambic- Biere zu Wein voll aus. Für den frischen Charakter von Framboise Boon wird junges Lambic mit 250 Gramm Himbeeren pro Liter im Fass nachvergoren. Nach einem kurzen Reifungsprozess wird das Produkt abgefüllt, um die feinen Himbeeraromen und die natürliche rötliche Farbe zu erhalten. Framboise Boon ist ungesüßt und wird ausschließlich mit echten Himbeeren hergestellt.


Verkostungsnotiz

Attraktives mittleres Himbeerrot, klar, mit leichter Schaumbildung. Es duftet frisch und animierend nach Himbeergeist. Auch im Geschmack spielt sich die Himbeerfrucht in den Vordergrund, begleitet von einer leichten Süße und einer hefi gen Note. Eine elegante Erscheinung, rund, stimmig, erfrischend. Die Herbheit bringt sanfte Spannung ein, der Nachhall ist fruchtig.

 

Musik-Tipp

Bei soviel Innovation empfiehlt es sich, die Küche antizyklisch zu beschallen: zum Beispiel mit dem Old-School Brooklyn-HipHop von „The Ecstatic“, auf der Mos Def wieder einmal mit messerscharfer Präzision rappt, aber auch aufwändige Streicherarrangements und chillige Momente zulässt.

Zubereitung

Thunfisch

Vom Thunfisch 8 möglichst gleich große Würfel von ca. 3 cm Kantenlänge zuschneiden, Abschnitte evtl. getrennt als Thunfischtatar anbieten. Würfel gleichmäßig in den restlichen Zutaten wälzen. In Folie luftdicht verpacken und im Kühlschrank 1 Stunde marinieren.

 

 

Der Trick dieser Zubereitung besteht darin, auf Zitronensaft und die damit einher gehende Kalt-Garung durch Säure zu verzichten, um die feste Textur und die rote Farbe des Thuns zu erhalten – und dennoch zugleich durch Einsatz limoniger Trockengewürze ein frisch-zitroniges Aroma an den Fisch zu bringen.

 

Kalbfleischwürfel

Kalbfleisch 1 Stunde vor dem Kochen aus dem Kühlschrank nehmen, Raumtemperatur annehmen lassen. Evtl. Knochen abschneiden.

 

 

Unter kaltem Wasser abwaschen, gut mit Küchenkrepp abtrocknen, mit Öl bepinseln. Pfeffern und salzen und zusammen mit den verteilten Knoblauchwürfeln und den Kräutern fest in Alufolie einwickeln, die Enden wie Bonbons fest zusammenrollen.

 

 

Diese Rolle in den auf 120 Grad vorgeheizten Backofen legen, ca. 20 Min. garen. Kerntemperatur mit Fleischthermometer messen. Je nach Wunsch-Garpunkt rosa (max. 64 Grad Kerntemperatur) oder hellgrau, aber noch zart braten (max. 72 Grad, hier wandelt sich das rote Myoglobin in Metmyoglobin um, das für die graue Färbung sorgt). Das Fleisch auf den Rezeptfotos hatte 71 Grad Kerntemperatur.

 

Immer im Auge behalten: hier fehlen nur noch 5 Grad zu "medium" 

 

Fleisch in der Folie im Kühlschrank 1 Stunde abkühlen lassen, dann heraus nehmen, Kräuter entfernen und aus dem Kern (Ränder schmecken vorzüglich als Brotzeit zu Butterbrot) 8 möglichst gleich große Würfel von ca. 3 cm Kantenlänge schneiden. Würfel 1 Stunde im Kühlschrank in dem Trüffelöl marinieren.

 

 

Kapernespesante

Die 8 großen Kapernäpfel zum Dekorieren beiseite stellen, restliche Früchte entstielen und zusammen mit den über einem Sieb abgetropften und mit klarem Wasser abgebrühten Nonpareilles-Kapern in der Sahne sehr fein pürieren (im Mixer oder mit dem Schneidstab).

 

 

1 Stunde bei Raumtemperatur ziehen lassen, erneut aufmixen, durch feines Abtropftuch, einen Superbag oder einen Teefilter (Foto) passieren.

 

 

In die so gewonnene hellgrüne Flüssigkeit das Xanthan sorgfältig einmixen (es dürfen keine Klümpchen bleiben). Xanthan exakt abwiegen.

 

 

Vorsichtig mit Pfeffer und Salz abschmecken und die Masse in ein rechteckiges, mit Küchenfolie ausgeschlagenes Gefäß streichen. Im Kühlschrank mind. 1 Stunde schnittfest werden lassen.

Anrichten

Alle drei Komponenten können viele Stunden vor dem Menü vorbereitet und im Kühlschrank aufgehoben werden, der fertige Teller lässt sich à la minute in kurzer Zeit dekorieren und servieren.

 

Direkt vor dem Gang die Komponenten aus dem Kühlschrank holen. Thunfisch- und Kalbswürfel gut abtrocknen. Espesante (schnittfeste Creme) auf Brett stürzen, Folie entfernen und in 4 gleich große Rechtecke schneiden, mit Palette mittig auf große Teller oder Schiefertafeln heben. Die Salzkapern in wenig (neutral schmeckendem) Pflanzenöl kross ausbraten. Je 2 Thunfisch- und Kalbswürfel auf das Espesante platzieren, mit den heißen Salzkapern und den Kapernäpfeln ausdekorieren. Servieren, solange die Salzkapern noch heiss sind. 

 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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