4 Elemente

Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

4 Elemente

Die vier Elemente finden sich als Wurzeln (Erde), Fisch (Wasser), Wachteln (Luft) und Rauch/Szechuanpfeffer (Feuer) auf einem Teller vereint, wobei die einzelnen Zubereitungen sowohl altbekannte Hausrezepte als auch Strategien der Sterneküche miteinander verbinden.

 

Aus Omas Küche kommt das süßsaure Marinieren von Karotte, Pastinake und Petersilienwurzel, sowie das Einlegen von sonst eher unessbar Scharfem (frische Meerrettich-Scheiben) in Milch zum Mildern der Schärfe. Die Hochküche dagegen steuert das zweistufige Marinieren der Roten Bete bei – hier werden die Wurzeln zunächst in Butter, Fond und säurestarkem jungen Balsamico-Essig gedünstet, bis der Essig seine spitze Kopfnote verliert. Vor dem Abkühlen und Overnight-Marinieren wird noch etwas alter, mürber Balsamico zugeführt, der am Ende die süßlichen Geschmackskomponenten der Bete herauskitzelt.

 

Wie so vieles, über das heute lautstark diskutiert wird, ist natürlich auch die enzymatische Umwandlung organischer Lebensmittel durch Zellen wie z.B. Bakterien oder Pilzsporen (Fermentation/Gärung) ein uralter Hut. Schon vor über 3000 Jahren machten die Menschen ihren Kohl (Kimchi, Sauerkraut) oder ihre Milch (Jogurt, Lassi, Dickmilch) mit Hilfe der Milchsäuregärung haltbar und zugleich nahrhafter. Inzwischen verzehrt der Bundesbürger durchschnittlich jedes Jahr 17 kg Jogurt.

 

Jogurt entsteht aus Milch, der Bakterienkulturen wie Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus zugegeben wird und dann über Nacht stehen gelassen wird („Dicklegung“),. Für die industriell hergestellten, meist als „mild“ ausgezeichneten Jogurts produziert der Stamm Bulgaricus zu viel Milchsäure, deshalb wird in den hiesigen Molkereien eher Lactobacillus acidophilus und bifidus eingesetzt. Toxikologisch ist die Milchsäure-Gärung die bei der Herstellung von Lebensmitteln wie Sauerkraut, Kimchi, Sauerteig zum Backen, Kefir oder Buttermilch zum Einsatz kommt, weitgehend unbedenklich und deshalb auch im privaten Haushalt anwendbar.

 

Angriff der Killerpilze

 

Fermentation, bei der zum Beispiel Pilze und ihre Sporen aktiv sind (Miso, Sojasauce, bestimmte Tofu-Sorten), sollte dagegen von langjährigem Wissen und/oder wissenschaftlicher Forschung begleitet sein, weil sich hierbei im schlimmsten Fall tödlich wirkende Mykotoxine bilden können. Andererseits empfinden nicht Wenige auch all die Verdickungsmittel, Emulgatoren, Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Aromen und Zucker, die von der Industrie in ein so einfaches Produkt wie „dickgelegte Milch“ gepumpt wird, gesundheitlich bedenklich.

 

Wer all das nicht mitessen möchte, kann sein Joghurt ohne viel Mühe selber machen, und wenn nicht ein Dutzend Gläser täglich produziert werden soll, braucht dafür noch nicht einmal eine Spezialapparatur – ein halbwegs temperaturstabiler Backofen langt völlig. Ein weiterer Vorteil der Hausproduktion ist, dass man auch Parfümierungen hinzufügen kann, die es im Handel nicht zu kaufen gibt.

 

 

© 2013 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 1 Stunde, 30 Minuten
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: sous chef
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Meerrettichjoghurt
250 ml Milch
50 g Meerrettich , frisch gerieben
100 g Yoghurt, 10 % Fett
1 Prise Salz
1 Prise Zucker, weiss
Marinierte Wurzeln
1 Stück Rote Bete, große Knollen
25 g Butter
100 ml Geflügelfond
35 ml Balsamicoessig 8 Jahre alt
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Sternanis, gemahlen
2 EL Balsamicoessig, 12 Jahre gereift
1 Stück Karotte, sehr dick
1 Stange Pastinake
1 Stange Petersilienwurzel
75 ml Weißwein, trocken
100 ml Balsamicoessig, weiss
25 ml Weißweinessig
3 EL Mirin
50 ml Gewürzgurkensud
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
Lauchcreme
1 Bund Frühlingslauch
50 g Butter
100 ml Geflügelfond
50 g Sahne
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1,5 g Xanthan
Wachtel & Aal
8 Stangen Wachtelschenkel, roh
1 handvoll Räuchermehl
3 EL Pflanzenöl
200 g Aal, geräuchert
Gewürzpopcorn & Garnitur
1 Stange Microwave-Popcorn
0,5 TL Meersalz, fein
1 EL Paprikapulver, edelsüß
1 Prise Szechuanpfeffer
2 EL Olivenöl natives extra, fruchtig
2 EL Frühlingslauch-Julienne
4 EL Meerrettich , frisch gerieben

Wein-Tipp

Weedenbornhof Terra Rossa Sauvignon Blanc 2013

 

Der Terra Rossa Sauvignon Blanc von Weedenbornhof gehört ohne Zweifel zu den besten Sauvignon Blanc aus Rheinhessen und mit Sicherheit auch zu den Besten Weissweinen aus dieser Rebsorte in Deutschland. Für uns ein echtes Highlight! Der Weedenbornhof Sauvignon Blanc Terra Rossa kommt mit einer hellen leicht gelbgrünen Farbe ins Glas. Die Nase wird von üppigen aber eleganten Aromen wie frischem Gras, Limetten, Minze und Stachelbeeren dominiert. Im Mund angekommen bringt der Terra Rossa Sauvignon Blanc die Zunge zum vibrieren. Die Aromen breiten sich wie ein Feuerwerk aus. Reife Südfrüchte, Papaya, Grapefruit, Zitronen, Physalis und Quitte feiern ein Fest. Es folgt eine enorme mineralische Konzentration die den gesamten Gaumen in Anspruch nimmt. Terra Rossa Weedenbornhof = Terroirmonster! Ein Wahnsinn von einem Sauvignon Blanc, komplex, mineralisch, fruchtbetont, kein Übersee Sauvignon Blanc sondern eine noch nie geschmeckte Eleganz und Finesse. Der Weedenbornhof Terra Rossa Sauvignon Blanc ist anspruchsvoll und viel zu billig!

 

Bewertung & Awards

Sieger der Falstaff Sauvignon Blanc Trophy 2013 mit 93 Punkte für 2012 und 1. Platz Rheinhessen Regionalverkostung

Falstaff Sauvignon Blanc Trophy: 91 Punkte für 2010 3. Platz Rheinhessen Regionalverkostung

BELVINI.DE 2011: 92+ Punkte für 2010

Falstaff Sauvignon Blanc Trophy Ehrentafel Weedenbornhof gehört zu den erfolgreichsten deutschen Sauvignon Blanc Produzenten und erhielt in 6 Wettbewerben bisher zweimal den 3. Platz und einmal Platz 5 für seine Weine. Hinzu kommen besten Platzierungen im Rheinhessen-Vorausscheid, wo die Weine konsequent unter die Top 10 oder gar Top 5 kommen.

BELViNi.DE 2014: 92++ Punkte für 2013

 

Musik-Tipp

Verloren wie ein roher Aal im Weltall, Spielball der Elemente, Aromenwelten, die noch nie ein menschlicher Gaumen erschmeckt hat – keine Frage, für unser „4 Elements“-Experiment gibt es nur eine einzige würdige Küchenbeschallung: „Ponder The Mystery“ (H’ART), das aktuelle Album des „Enterprise“-Kapitäns William Shatner beamt sich durch die unendlichen Weiten des Progrock, unterstützt von hochkarätigen Schiffsoffizieren wie Rick Wakeman (Yes), Al di Meola, Robby Krieger (The Doors), Steve Vai oder Tangerine Dream Edger Froese.

Zubereitung

Meerrettichjoghurt

Milch in Topf auf 90 Grad erhitzen, vom Herd ziehen, auf 50 Grad abkühlen lassen.  Meerrettich fein raspeln,

 

 

wärend der Abkühlzeit in die Milch einrühren,

 

 

30 Min. stehen lassen. Abpassieren,

 

 

Joghurt in die Milch klumpfrei einmixen.

 

 

Mit Salz und Zucker abschmecken. In zuvor sterilisierte Gläser füllen,

 

 

im Backofen bei 50 Grad 1 Stunde gären lassen. Gläser nicht mehr bewegen.

 

 

Backofen ausschalten, Gläser über Nacht im Backofen lassen. Am nächsten Tag herausnehmen,

 

 

abdecken und ganz unten in den Kühlschrank stellen.




Marinierte Wurzeln

Ungeschälte Bete mittig halbieren, in 4-5 mm dicke Scheiben schneiden oder hobeln. Mit rundem oder Motiv-Ausstecher kleine Formen von ca. 1,5 cm Größe ausstechen.

 

 

Tipp: Bei der Arbeit mit Roter Bete Silikonhandschuhe tragen.

 

Butter in Sauteuse schmelzen, Bete, Fond und den jungen Balsamico zugeben und 8 Min, bei mittlerer Hitze durchschwenken.

 

 

Würzen, alten Balsamico unterrühren. Alles zusammen in kleines Gefäß

 

 

mit Deckel füllen und mindestens 12 Stunden im Kühlschrank marinieren.

 

Rüben schälen, längs halbieren, auf dem Hobel oder der Aufschnittmaschine von der Mitte aus in 1-2 mm dünne Scheiben hobeln.

 

 

Karotten längs auf gleiche Breite zuschneiden.

 

 

Alle Flüssigkeiten in Topf aufkochen und 5 Min weiter kochen lassen. Vom Herd ziehen, Rübenscheiben einlegen.

 

 

Nach dem Abkühlen mit Salz und Pfeffer aus der Mühle abschmecken. In Gefäß mit Deckel füllen und mindestens 12 Stunden im Kühlschrank marinieren.

 

 

Meerrettich in hauchdünne Scheiben hobeln.

 

 

Milch mit Salz und Zucker aufkochen, vom Herd nehmen, Meerrettich-Scheiben einlegen,

 

 

nach dem Abkühlen in Gefäß mit Deckel füllen und mindestens 12 Stunden im Kühlschrank marinieren.



Lauchcreme

Lauch sorgfältig waschen. Den grünen Teil in feine Ringe schneiden.

 

 

Butter in Sauteuse oder Topf schmelzen, Lauch 3 Min. andünsten.

 

 

Fond und Sahne zugeben, bei mittlerer Hitze 5 Min. köcheln.

 

 

Pürieren und

 

 

abpassieren,

 

 

Creme mit Salz und Pfeffer aus der Mühle abschmecken und mit dem Kaltbinder zähflüssig binden.

 

 

 
 
 
 
Wachtel & Aal

Großen WOK mit einer Schicht Alufolie auskleiden, kleines Stahlschüsselchen in die Mitte legen, Räuchermehl einstreuen. Eine weitere Bahn Alufolie mit Gabel durchlöchern, einlegen. Wachtelschenkel mit 1 EL Öl ringsherum einpinseln, auf die gelochte Folie legen.

 

 

Deckel auflegen, für gute Belüftung sorgen, Herd einschalten und die Wachteln bei mittlerer Hitze 10 Min. heiß räuchern, dabei Deckel geschlossen halten. Wachteln entnehmen und direkt vor dem Anrichten im restlichen Pflanzenöl kurz anbraten.




Gewürzpopcorn & Garnitur

Popcorntüte an einer Seite aufschneiden, Maiskörner entnehmen. Salz, Paprika und Öl gut untermengen,

 

 

alles zurück in die Tüte geben, sorgfältig zukleben

 

 

und Popcorn nach den Herstellerangaben zubereiten. Bis zum Servieren im Beutel aufbewahren. Evtl. noch etwas nachwürzen.

 

Anrichten

Vor dem Servieren die eingelegten Wurzeln aus den Marinaden heben und trocken tupfen.

 

 

8 Karottenscheiben zu Röllchen formen, jeweils mit der Lauchcreme füllen, mit den Lauchstreifen dekorieren und auf 4 sehr große, möglichst einfarbig weiße Teller verteilen. Meerrettichscheiben und Bete einzeln verteilen, restliche Wurzeln in Julienne (dünne Streifen) schneiden und über die Teller streuen. Aal (feste, mild geräucherte, weniger fette Ware bevorzugen) in Streifen schneiden, anlegen, je eine Spur Lauchcreme oben drauf ziehen, mit ein paar quer aufgelegten Julienne garnieren. Je 1 EL Meerrettichjoghurt und Lauchcreme aufziehen, Bete mit etwas frisch geriebenem Meerrettich

 

 

dekorieren, die heißen Wachtelschenkel auflegen und sofort servieren. Jedem Gast 1 Gläschen Meerrettichjoghurt mit Löffeln neben den Teller stellen.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de