Vitello Tonnato 4.0

Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Vitello Tonnato 4.0

Wesen und Zukunft von "Vitello Tonnato": Kalb, Thun, Kapern und Sardellen sind nach wie vor die Hauptzutaten, allerdings jeweils in stark verfeinerten Daseinsformen. Eingedoster Thunfisch kommt bei uns in Bio-Qualität in die Sauce, die ansonsten von dem feineren Aroma großer eingelegter Kapernfrüchte bestimmt wird und sich durch die Verwendung von Crème fraîche statt Fettpress-Mayo am Gaumen weit weniger schmierig anfühlt. Roher Thunfisch dient in der Form ungewürzter Sashimischeiben als Umhüllung für roh marinierten Kalbstatar, während der mit Amalfi-Zitronen-Olivenöl (also ohne die Kaltgarung der Zitronensäure) limonisierte Thun-Tatar in Kalbs-Tranchen eingerollt wird.

 

Beim Kalb sparen wir das Geld, das der aus zertifiziertem Fang stammende Fisch kosten muss, indem wir auf das (auch nur in den besten italienischen Restaurants) sonst verwendete Filet verzichten. Statt dessen wird Tatar und die Scheiben aus dem hierfür nicht minder geeigneten Tafelspitz fabriziert. Das Stück kostet zwar in der Vorbereitung deutlich mehr Parier-Arbeit, dafür kann aus den Parüren ein Fond angesetzt, aus der Spitze und den flachen Stücken der Tatar mit dem scharfen Fleischmesser geschabt und aus dem dicken Mittelstück der rosa gegarte Mini-Braten hergestellt werden, aus dem sich nach ausreichender Abkühlung die dünnen Scheiben schneiden lassen. Aus optischen Gründen – und weil es ein bisschen nach dem abgeplatzten Gold-Charme des einst so großen Italiens aussieht – wurden zur Dekoration noch ein paar Kapernfrüchte mit Goldstaub eingefärbt.

 

© 2014 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 45 Minuten
Wartezeit: 2 Stunden
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Kalbstatar im Thunfischwürfel
600 g Tafelspitz vom Kalb
50 g Schalottenbrunoise
5 Stück Sardellenfilet
1 Prise Hibiskussalz
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
400 g Thunfisch, roh, Sashimi-Qualität
Thunfischtatar im Kalbsröllchen
1 TL Kräutersalz, grobkörnig
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
2 EL Pflanzenöl
5-6 Stück Kapernäpfel
1 EL Zitronenöl
1 TL Bio-Zitrone, Schalenabrieb
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Meersalz
Thunfischcreme & Deko
80 g Thunfisch aus der Dose
200 g Crème fraîche
6 Stück Kapernäpfel
30 g Räucherlachs-Scheiben, Top-Qualität
1 Spritzer Limette, der Saft davon
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
2 g Xanthan
8 Stück Kapernäpfel
etwas Goldglimmer (Lebensmittelfarbe)

Wein-Tipp

Oliver Zeter Sauvignon Blanc 2012

 

Der Oliver Zeter Sauvignon Blanc hat eine hellgoldene Farbe mit grasgrünen Reflexen. Die Nase wird von eben diesem satten grünen Gras, viel frischen Stachelbeeren, Zitronengras, Limetten, frisch aufgeschnittenen Zitronen, saftiger Kiwi dominiert. Am Gaumen ist der Sauvignon Blanc von Oliver Zeter sehr mineralisch, ein straff gebündeltes Paket an adstringierenden Aromen beflügelt diesen Weisswein. Mit zunehmender Temperatur öffnen sich Blumen, die Aromen der Nase und ein trockener, beherzt würziger Geschmack. Ein Sauvignon Blanc der hohen Schule - kein Easy-Drinking-Stoff - sondern ein herrlich guter Essenbegleiter. Text von BELVINI.DE, verkostet am 02.02.2012

 

Der Oliver Zeter Sauvignon Blanc stammt aus insgesamt sieben Weinberge, die in der Südpfalz und an der Mittelhardt liegen, sind mit sieben verschiedenen Sauvignon Blanc-Klonen bepflanzt. Entscheidender Vorteil hierbei sind die unterschiedlichen Mikroklimata der verschiedenen Lagen – das wirkt sich positiv auf eine Diversifizierung der Aromen aus. Ebenso unterschiedlich wie die Lagen sind auch die Böden auf denen die Rebstöcke wachsen. Die Erziehung erfolgt als meist als Kordon, was zu einer lineareren und somit einfacher zu behandelnden Traubenzone führt. Die Weinberge sind dauerbegrünt, teils mit natürlichen Kräutern als auch mit Graseinsaat.

 

Bewertung & Awards

 

BELViNi.DE 2012: 91 Punkte für 2012

Sauvignon Blanc Trophy: 90 Punkte für 2012

Vinum: 16/20 Punkte für 2012 "Satte reife Frucht mit angenehmer Zitrusnote, dicht und recht tief, vornehme Expression. [...] Bleibt einer der besten Sauvignons der Pfalz."

Sauvignon Blanc Trophy: 90 Punkte für 2011

Eichelmann 2013: 85 Punkte für 2011

Eichelmann 2012: 86 Punkte für 2010

BELViNi.DE 2012: 87 Punkte für 2009

 

Weinerzeugung

 

Gelesen wird – je nach Jahrgang – von Hand oder mit dem Vollernter. Ein Teil der Trauben wird bereits relativ grün mit einem Öchslewert von 80 Grad gelesen, der Hauptteil im vollreifen Zustand und der letzte Teil darf sogar schon etwas überreif sein. Das als Trockeneis zugegebene CO2 verhindert die Oxidation während der mehrstündigen Maischestandzeit. Diese fördert die optimale Bukett-aromatik. Die Trauben werden anschließend in einer pneumatischen Presse unter Luftabschluss gepresst. Vergoren wird in Edelstahltanks unterschiedlicher Größe. Hierbei sorgt eine Vielfalt an Hefen für die notwendige Diversifikation. Zudem wird ein Teil des Weines spontan vergoren, ein anderer – kleinerer Anteil – sogar im Barrique ausgebaut. Der Jungwein wird vor der Füllung nur einmal mit einem Kieselgurfilter filtriert. In diesem Moment werden auch die verschiedenen Einzelgebinde wieder zu einer einheitlichen Cuvée zusammengeführt. Das Ergebnis ist ein facettenreich aromatischer und präsenter Wein mit Struktur und Länge.

 

Musik-Tipp

Kreativ und spielerisch mit Altbewährtem umgehen – das ist auch das Markenzeichen des Brooklyner Sängers Ahmed Gallab mit sudanesischen Wurzeln, der seit zwei Jahren unter dem Pseudonym Sinkane unterwegs ist und auch auf seinem zweiten Album, „Mean Love“ (City Slang), mit glockenheller, magischer Stimme Afrobeat, Disco, Soul und Pop stilsicher und mitreißend vermengt.

Zubereitung

Kalbstatar im Thunfischwürfel

Tafelspitz sauber parieren

 

 

(es fallen so viele Parüren an, dass es sich lohnt, ein wenig Fond daraus zu ziehen).

 

 

Die schmalen Teile und die Spitze abschneiden, das dicke Mittelteil für die Kalbsröllchen (siehe unten) benutzen. Die Abschnitte in sehr feine Scheiben, dann Längsstreifen und schließlich winzige Würfelchen schneiden. (Für beide Tatar-Sorten nur richtig scharfe Fleischmesser benutzen).

 

 

Schaloote fein hacken

 

 

Sardellenfilets fein hacken,

 

 

mit dem Kalb und den Schalottenwürfeln mischen und mit Hibiskussalz und Pfeffer beherzt abschmecken.

 

Etwas über die Hälfte des Thunfisches mit sehr scharfem Messer oder mit der Aufschnittmaschine (vorher leicht anfrosten) in dünne Scheiben schneiden.

 

 

Thunfischtatar im Kalbsröllchen

Restliches Kalbfleisch mit Salz und Pfeffer einmassieren, in Pfanne in dem heißen Öl ringsherum kurz anbraten

 

 

und im Backofen (besser: Kombidämpfer) bei 160 Grad (keine Umluft) auf eine Kerntemperatur von 68 Grad schmoren.

 

 

Herausnehmen und im Kühlschrank rasch und tief herunterkühlen (auf max. 1 Grad). Längs mittig horizontal aufschneiden, so dass die maximale Aufschnittsfläche entsteht. Mit scharfem Messer oder Schneidemaschine in Aufschitt-dünne Scheiben schneiden.

 

Restlichen Thunfisch zu einem feinen Tatar schneiden,

 

 

Kapernfrüchte so fein wie möglich hacken und mit den restlichen Zutaten vermengen.

 

 

In die Kalbsscheiben mittig streichen und zu straffen Rollen aufrollen.

 

TIPP: Evtl. übrig gebliebene Kalbsscheiben schmecken lecker am nächsten Tag zu inem Butterbrot.

 

Thunfischcreme & Deko

Thunfisch, Crème fraîche. Räucherlachs (nach Belieben, kann beiAbneigung gegen Rauchgeschmack auch weggelassen werden) und Kapernfrüchte im Blitzhacker

 

 

zu einer möglichst glatten Creme verarbeiten.

 

 

Wegen der salzigen Kapern erst jetzt mit Salz, Pfeffer und Limettensaft abschmecken, mit Kaltbinder zu der gewünschten Konsistenz abbinden.

Anrichten

Die Hälfte der Thunfischscheiben mit dem Kalbstatar bestreichen, je eine Scheibe auflegen, an den Rändern begradigen, in vier Würfel schneiden. Kalbsrollen diagonal aufschneiden. Thunfischcreme in Konditor-Spritztülle füllen. Deko-Kapern mit dem Goldstaub bestreuen. Alle Komponenten auf flachen Platten oder großen Tellern anrichten, Thunfischcreme aufspritzen, nach Belieben weiteren Goldstaub aufstreuen (bei Unverträglichkeit gegen E555, E171 oder E172 den Goldpuder weglassen).

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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