Picanha vom Grill

Grillgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Picanha vom Grill

Zum Angrillen im Frühjahr empfehlen wir das Lieblings-BBQ der Brasilianer – Picanha. Bei uns heißt dieser Teil des Kuhpopos Tafelspitz und landet leider meist in der Suppe. Mit einem geeigneten Stück eines Fleischrindes (siehe Rezept) jedoch gehört dieser Cut zu den weltweit besten Grillteilen. Dazu legen wir ein paar Kräuterkartoffeln auf den Rost, aber auch nur, um nicht das Gefühl haben zu müssen, wir hätten uns keine Gedanken um Beilagen gemacht. In Wahrheit schmeckt das Picanha so himmlisch, dass es außer vielleicht ein bisschen Pfeffer und ein paar Salzblumenkristallen gar nichts dazu braucht. Gut, einen schönen Roten vielleicht noch.

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 10 Minuten
Wartezeit: 2 Stunden
Zubereitungszeit: 1 Stunde
Level: apprenti cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

1,6 kg Tafelspitz vom australischen Black Angus
4 EL Fleur de Sel
1 EL Pfeffer, bunt, im Mörser grob zerstoßen
1 kg Kartoffeln, neue Ernte
3 EL Olivenöl
1 EL Kräutermischung, italienisch, getrocknet
1 EL Meersalz, grob
1 Prise Pfeffer aus der Mühle

Wein-Tipp

2009 Foral de Cantanhede Grande Reserva Baga

 

Zur Feier des Tages begleiten wir das festliche Angrillen nicht mit einem guten Roten, sondern einem sehr guten. Portugal lieferte sowohl die Sprache für das ferne Land des Picanha-Grillens wie auch den Wein zu unserem Brazil-BBQ: Von den kaum zu überblickenden 250 autochthonen Rebsorten des Landes führten die kleinen, dickschaligen Trauben der Sorte Baga lange Zeit ein Schattendasein als Verschnittzugabe, bis der Klimawandel für trockenere Sommer in Nordportugal sorgte, wo inzwischen weltweit beachtete Spitzen-Rotweine wie der 2009 Foral de Cantanhede Grande Reserva Baga erzeugt werden. Nach sechs Jahren Reife haben sich die anfangs etwas zu strammen Tannine eingefügt in ein dunkelfruchtiges Wunderbouquet mit edlen Noten von Gewürzen und schwarzer Schokolade am Gaumen. Käme dieser Tropfen aus Kalifornien, dem Bordeaux oder der Toskana, würde er locker das dreifache seiner knapp 30 Euro kosten. 

Musik-Tipp

Der Grill dampft, das Picanha zischt auf dem Rost, und im Hintergrund groovt eine coole Rumba. Nicht irgendeine, sondern die beiden Songs, mit denen der französische Schlagzeug-Weltstar Manu Katché sein neues Solo-Album „Unstatic“ (Broken Silence) beginnt und beendet. Dazwischen gibt es jede Menge vertrackter Beats zwischen Funk, Jazz und Pop – der Spannbreite dieses begnadeten Drummers, der schon für wesentliche Hits von Peter Gabriel. Tears For Fears und Sting die Stöcke schwang. Herausragend auch die Besetzung seiner aktuellen, sehr modern jazzenden Live-Combo mit dem Mann an der roten Posaune (Nils Landgren) oder der Bassistin Ellen Andrea Wang, die neben Katché bei einigen Tracks auch singt.

Zubereitung

Für dieses Rezept eignet sich der in Deutschland hauptsächlich gehandelte Tafelspitz vom „Jungbullen“ nicht; man sollte es damit auch nicht versuchen, denn dieses Stück vom Hüftdeckel des Rindes ist bei diesen Tieren aus der Turbomast viel zu mager. Ordentlich marmoriert und noch dazu mit einem Fettdeckel von mehr als einem Zentimeter Dicke ausgestattet sind oftmals Tafelspitze von Fleischrinder-Färsen, die man bei einem guten Schlachter vorbestellen kann. Noch besser grillt sich dieser Cut, wenn er von etwas älteren Schlachttieren aus Südamerika stammt – oder gleich aus den weltweit besten Rinderhaltungsquellen wie zum Beispiel „Greater Omaha Packers“ (Nebraska, USA), wo der Tafelspitz „American Top Butt Cap“ heißt, oder Black Angus aus New South Wales in Australien (siehe Bezugsquellen).

 

Tafelspitz unter fließendem Wasser abspülen, trocken tupfen. Hautstücke und Bindegewebe auf der Fleischseite parieren (entfernen). In den Fettdeckel mit sehr scharfem Messer kleine Rechtecke einschneiden, aber nicht bis zur Fleischoberfläche schneiden – das geht am besten mit einem Chirurgen-Skalpell (gibt’s z.B. auf ebay).

Fleisch ringsherum mit den Salzkristallen einmassieren, auf der Fettseite auch in die Zwischenräume. Mindestens 1-2 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen. Vor dem Grillen das Salz an den Fleischseiten mit Messer abstreifen, auf dem Fettdeckel aber nicht.

In der Zwischenzeit Kartoffeln waschen, wenn nötig abschrubben. Quer in 2 Hälften schneiden und mit den restlichen Zutaten vermischen.

Grill vorheizen und für indirektes Grillen vorbereiten: Bei Holzkohle die Glut ringförmig an die Außenwände schieben, so dass die Mitte frei bleibt. Bei Gasgrills den mittleren Brenner ganz abschalten. Tafelspitz auf die Fleischseite in die Grillmitte auf den Rost legen, Deckel schließen.

 

Nach ca. 30 Min. hat sich das Fleisch sichtbar aufgebläht, jetzt wenden und die Kartoffeln mit der Schale nach unten rings um das Fleisch verteilen. Deckel schließen.

 

Nach weiteren 20 Min. Fleischthermometer in die Mitte des Tafelspitzes stecken. Weitergaren bis zur gewünschten Garstufe – z.B. anglaise (56°C - 58°C) oder demi-anglaise (ca. 62°C). Gegrillter Tafelspitz sollte nicht weiter als bis 65°C gegart werden, weil die Fleischfasern dann ihre Wasserbindungskraft verlieren.

Anrichten

Wenn die Kartoffeln gar sind, vom Rost nehmen und warm stellen. Fleisch nach Erreichen der Zieltemperatur in Alufolie einwickeln und 6 Min. ruhen lassen, nach 3 Min. umdrehen. Kartoffeln zum Selbernehmen servieren, das Fleisch auf Brett mit Saftfuge mit einem scharfen Messer in ca. 1 cm dicke Scheiben aufschneiden. Scheiben nach Belieben mit Fleur de Sel und dem Pfeffer aus dem Mörser würzen – es braucht im Grunde aber so gut wie keine weitere Würzung.

 

Sollte wider Erwarten Fleisch übrig bleiben: Straff in Folie gewickelt und im unteren Kühlschrankfach aufbewahren, am Folgetag auf einer Aufschnittmaschine in dünne Roastbeefscheiben schneiden und kalt mit Remoulade essen.

 

Dazu passt unsere Chimichurri 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

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