Papayasalat mit Beef Tataki

Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Papayasalat mit Beef Tataki

Je globalisierter die Welt, um so toleranter die Esser. Sollte man meinen. Doch trotz (oder gerade wegen?) der Unbekümmertheit, mit der sich die hungrige Jugend zwischen Negernbötel und Tittmoning ihre Pizza beim Bringdienst mit Tzatziki, Parmaschinken und Sweet-Chili-Sauce ordert, scheinen die Lordsiegelbewahrer der – was immer damit gemeint sein mag – „Originalrezepte“ mehr und mehr Land zu gewinnen.

 

Zumindest in den Sozialen Medien, wo Grautöne oder gar pastellig-weich verlaufende Vielfarbigkeit gern mit grobem Schwarzweiß niedergeschrien werden, tummelt sich eine derart aufmerksamkeitsstarke Intoleranz, die mehr und mehr auch die klassischen Machtausübenden der alten, analogen Welt aufschreckt. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass sich ausgerechnet Barack Obama, sonst Chefprediger des gelassenen Miteinanders, plötzlich auf die Seite der Essenszensoren schlägt? www.spiegel.de/panorama/guacamole-streit-in-den-usa-selbst-barack-obama-mischt-sich-ein-a-1041684.html

 

„respect the nyt, but not buying peas in guac. onions, garlic, hot peppers. classic“ twitterte der US-Präsident als Reaktion auf einen Shitstorm, den ausgerechnet die in Essensfragen eher behäbige „New York Times“ (NYT) losgetreten hatte. Die Zeitung empfahl den 17,7 Millionen Followern auf Twitter, sich mal zu trauen, Erbsen unter die Guacamole zu heben. Nun klingt es nicht besonders spektakulär, grüne Schalenfrüchte in nicht minder grüne Avocadocreme zu rühren. Fügen die dünnen Erbsenhäutchen der Pampe eine interessante Stückigkeit hinzu, oder stören sie eher als hartnäckige interdentale Reste?

 

Aus kulinarischer Sicht könnte die Idee, von der NYT im New Yorker Edelrestaurant ABC Cocina entdeckt, sogar Sinn machen, wenn die Erbsen dem ansonsten mit Knoblauch, Salz, Limette und etwas Chili eher unscheinbaren Dip durch ihre jungen Kohlehydrate einen spannenden süßlichen Kick verleihen. Dafür müssten sie aber entweder in einem Highend-Pacojet geschreddert, oder nach dem Garen zumindest durch ein Sieb passiert werden, um die reine, schalenfreie Wirkung zu erzielen. Wer das nun für eine dämliche Diskussion hält, darf gern im Fäkaliensturm mitblasen, verschließt sich aber wie alle anderen kulinarischen Meinungs-Schnellschützen eben jener Auseinandersetzung, die sämtliche Formen von Crossover-Küchenansätzen verdienen.

 

Verbotskeule der orthodoxen Kulinarik-Kalifen

 

Diskutieren ist zumindest besser als gleich die Verbotskeule herauszuholen – wie unlängst das japanische Landwirtschaftsministerium. Die Beamten wollen nämlich die im Dezember 2013 auf die UNESCO-Liste der immateriellen Kulturgüter aufgenommene traditionelle japanische Washoku Küche weltweit mit einer Art schwarzer Gürtel schützen, ohne den Washoku-Köche selbst in Paris, Berlin oder Montreal diese Cuisine ihren Gästen nicht mehr anbieten dürfen. Damit soll den weltweit beliebten „Asia Restaurants“ verboten werden, neben Pekingente, Tai-Tom Ka Gai, Sushi und vietnamesischen Sommerrollen auch Japan-Klassiker anzubieten.

 

Hoffentlich kochen die Washoku-Chefs der Welt jetzt erst recht gegen diese orthodoxen Kulinarik-Kalifen an – ähnlich unbekümmert wie wir heute bei unserer sommerlich-leichten „Tageskarte“-Vorspeise „Papayasalat mit Beef Tataki“ munter drauf los crossovern: Der bunte Wildkräutersalat mit essbaren Blüten bringt Hochküchen-Abwechslung in den Grünzeug-Alltag, die gerösteten Erdnüsse sorgen für knackende Kiefer, die Chili für kühlenden Schweiß auf der Stirn.

 

Das bisschen Fett in Nüssen, Fleisch und der zur Abwechslung mal völlig anders als sonst üblich abgeschmeckten Salatsauce (unbedingt auch mal zu Hühnchen mit Mangostreifen probieren!) macht übrigens selbst den Sumo-Ringer nicht fetter – das Enzym Papain in den Papayastreifen kurbelt die Lipid-Verbrennung kräftig an.

 

Und weil wir die solchermaßen erzeugte Anti-Reinheitsgebot-Laune noch ein bisschen heben wollen, trinken wir zu unserem Asia-Salat auch keinen Sake auf Eis (was im Übrigen hier nicht der schlechteste Getränketipp wäre), sondern einen hoffnungslos unernsten Sangiovese-Rose von den Abruzzen, der auf den ersten Schluck schmeckt wie eine Walderdbeerenbowle.

 

Eine unerhörte Frechheit, schon klar. Aber wenigstens keine Guacamolevergewaltigung

 

© 2015 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 15 Minuten
Zubereitungszeit: 10 Minuten
Level: commis de cuisine

Zutaten

Salat
300 g Wildkräuter und Blüten
1 Papaya, frisch
75 g Erdnüsse, frisch geschält ohne Haut
1 Spitzpaprika, rot
1 Chilischote
Vinaigrette
3 EL Mirin
1 EL Sojasauce
4 EL Reisessig
6 EL Sake (japan. Reiswein)
3 TL veganes Volleipulver
4 EL Kochsahne
0,5 TL Wasabipulver
1 Limette, der Saft davon
Tataki
400 g Rinderfilet, frisch
4 EL Sojasauce, japanisch
1 EL Kaffirlimettenblätterpulver
4 EL Erdnussöl

Wein-Tipp

2014 Cima Rosa

 

Sabrina und Marco Biscardo keltern nahe dem Abruzzen-Nationalpark aus Montepulciano- und Sangiovese-Trauben ihres Weingutes Fosso Corno das rosafarbene Erdbeer-Wunder 2014 Cima Rosa, ein frischer, mildsaurer Terrassen-Rosè mit leichten Nuancen von Himbeerdrops, Holunder und Stachelbeere – ein perfekter und preiswerter Begleiter für viele sommerlichen Crossover-Salatkonzepte.

Musik-Tipp

Grenzenloser musikalischer Crossover sollte natürlich auch unsere kleine Salatküche beschallen – diesmal in der Form von „A Séance of Dark Delusions“ (Kscope), dem Debütalbum des britischen Postrock-Duos Nordic Giants, dessen primär instrumentellen Klangexperimente zwischen Pink Floyd, Björk und Sigur Rós zwischen brutaler Progressivität und weltallverlorener Depression mäandern.

Zubereitung

Salat

Wildkräutersalat waschen und trocken schleudern. Papaya schälen, halbieren, Kerne entfernen und in feine Streifen schneiden.

 

 

Erdnüsse ohne Fett in Pfanne goldgelb rösten, mittelgrob hacken.

 

 

Spitzpaprika und Chili in feine Ringe schneiden.

 

 

 

 

Vinaigrette

Alle Zutaten in Mixer 1-2 Min. zu einer cremigen Salatsauce mixen, nach Belieben mit Wasabipulver weiter schärfen.

 

 

Fleisch

Filet in dünne Scheiben und dann in Streifen schneiden – am besten im gefrorenen Zustand auf einer Brotschneidemaschine (Maschine anschließend sorgfältig säubern).

 

 

Mit Sojasauce und Limettenpulver vermengen und 15 Min. marinieren.

 

 

Beim Marinieren der dünn aufgeschnittenen Rinderfiletstreifen unbedingt darauf achten, dass die verwendete Sojasauce keinen Zucker enthält, sonst wird das Fleisch bei deinem Blitzbesuch im höllenfeuerheißen Erdnussöl ratzfatz schwarz und bitter.

Anrichten

Salatbestandteile bis auf die Chili in Schüssel mischen, auf vier große Teller verteilen. Fleisch in sehr großer Pfanne im Öl bei sehr hoher Temperatur max. 1 Min. anbraten,

 

 

über den Salat verteilen. Vinaigrette verteilen und sofort servieren. Chili getrennt anbieten.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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