Orangenhuhn mit Kürbisstampf

Hauptgericht für 4 Personen von Peter Wagner

Orangenhuhn mit Kürbisstampf

Tief verwurzelt in der französischen Kochtradition und noch dazu preiswert nachzukochen, ist dieses Rezept, das nicht zufällig an das Nationalgericht „Canard à l'Orange“ erinnert und in vielen Belangen an der Kunst von Alain Ducasse & Co. orientiert ist: Wir marinieren Maishuhnbrust , egal, ob solo oder mit dem Flügelgelenk als „Supreme“, Hauptsache mit Haut, über Nacht in frisch gepresstem Orangensaft, dem wir mit weißem Balsamico die zart machende Säure verstärken und mit einem raffiniertem Orangen-Chili-Salz noch ein kleines Schärfeschwänzchen mitgeben. Typisch französisch ist auch die Kombination von zwei aufeinanderfolgenden Gartechniken beim Fleisch – erst auf der Haut in der Pfanne braten und dann in feuchtheißer Luft zart fertig dämpfen.

 

Ebenfalls in Deutschland eher verpönt ist die Weiternutzung der Marinade, in der das Geflügel viele Stunden lag. Aus Angst vor Keimen wird diese Flüssigkeit meist weggeschüttet. Das ist schade, denn erstens benutzen wir ja äußerst frische und hochwertige Zutaten für die Beize und zweitens besorgen wir uns Huhn aus französischer Produktion, das auch bei Nicht-Bio-Ware so gut wie immer unserem heimischen Geflügel qualitativ haushoch überlegen ist. Es sei denn, man hat eigene Hühner im Garten, lässt diese gut und lang leben und verarbeitet sie direkt nach dem Schlachten.

 

Allen, die das bei sich zuhause nicht können, sei für dieses Rezept Hühnerfleisch von unseren Nachbarn im Westen ans Herz gelegt, im Idealfall zertifiziert durch das „Label Rouge“. Auch weil zum Beispiel mit Hilfe der Marinade ein himmlisch gutes (und durch die schiere Langzeit-Erhitzung auch keimfreies) Sößchen gekocht werden kann – und die Supremes dabei so saftig werden, dass beim Anschneiden manchmal Fleischsaft quer über den Tisch spritzt. Bon appétit!

 

© 2016 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Wartezeit: 24 Stunden
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Level: chef de partie
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Huhn
4- Maishuhnbrüste
4 Orangen, unbehandelt
1 TL Orangen-Chili-Salz
50 ml Balsamicoessig, weiss
1 EL Rohrzucker, braun
0,5 TL Orangen-Chili-Salz
1 Prise Pfeffer aus der Mühle
50 g Butter
50 ml Olivenöl
Kürbisgemüse
1 Hokkaidokürbis
3 EL Olivenöl
50 ml Orangensaft, frisch gepresst
4 EL Grand Marnier
1 TL Orangen-Chili-Salz
0,5 TL Curcuma, gemahlen
4 EL Kürbiskernöl
1 Prise Salz
Sauce & Garnitur
100 g Zwiebelwürfel
200 ml Geflügeljus, Bio
25 g Butter
4 EL Estragon-Spitzen, frisch, fein gehackt
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Orange
4 Stangen Frühlingszwiebel
4 EL Kürbiskernöl

Wein-Tipp

2015 Vermentino, Solal, Haut-Blanville

 

Um die diversen Orangennoten des Gerichtes nicht in Bedrängnis zu bringen, wählen wir einen frischen Weißen mit nicht allzu aufdringlicher Frucht wie den saftigen und recht preiswerten 2015 Vermentino, Solal, Haut-Blanville – interessanterweise aus dem Languedoc-Roussillon, wo diese eigentlich urspanische Rebe mehr und mehr Freunde findet, weil sie in diesem Klima facettenreichere, rassigere Weine hervorbringt als in typischen „hot climate“ Regionen.

Musik-Tipp

Wenn französisch gekocht wird, wandert natürlich die CD mit der Aufschrift „Bayonne“ in den Küchenplayer – ein allerdings britisches Avantgardeprojekt des Komponisten Roger Sellers, der fernab von der Atlantikmetropole für das Album „Primitives“ (Universal) typische repetitive Elemente á la Glass und Reich verbindet mit sehr poppigen Loops und einer nicht minder hypnotischen, ruhig-weichen Gesangsstimme.

Zubereitung

Huhn

Am Vortag Maishuhnbrüste abwaschen und trocken tupfen. Orangen auspressen, Saft mit Salz, Essig und Zucker (bei sehr sauren Orangen 2 EL Zucker nehmen) in Topf kurz aufkochen und gut umrühren. Etwas erkalten lassen. Fleisch in Gefriertüte geben, Marinade einfüllen und luftdicht verknoten (oder vakuumieren).

 

 

Über Nacht im Kühlschrank marinieren.

 

Fleisch entnehmen und abtupfen, Marinade auffangen und für die Sauce verwenden. Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen, Butter und Öl in schwerer Eisenpfanne erhitzen und die Hühnerbrüste auf der Haut anbraten, bis sie goldbraun sind. Pfanne vom Herd ziehen, Fleisch umdrehen und 5 Min. stehen lassen.

 

 

Im Konvektomat bei 160°C und hoher Feuchtigkeit ca. 15 Min. gar ziehen (alternativ in luftdicht verschlossenem Bräter im Backofen). Direkt vor dem Servieren mit Flambierbrenner leicht ankrossen, Fleischsaft im Bräter unter die Sauce mixen.

 

Kürbisgemüse

Hokkaidokürbis dünn abschälen,

 

 

vierteln, entkernen und in ca. 1,5 cm dicke Scheiben schneiden. Backofen auf 250°C Umluft vorheizen. Kürbis auf mit Backpapier ausgelegtes Blech verteilen, mit Öl, Likör und Saft einpinseln und würzen. 20-25 Min. backen, bis die Ränder leicht dunkel werden.

 

 

Etwas abkühlen lassen. Grob hacken oder mit zwei Gabeln zerrupfen, Kürbiskernöl aufträufeln und vermengen,

 

 

evtl. mit etwas Salz abschmecken. In Schüssel füllen, luftdicht mit Küchenfolie abdecken und im Backofen bei 90°C warm halten.

 

 

Sauce & Garnitur

Zwiebelwürfel in Sauteuse oder flachem Topf in der Butter glasig dünsten, je die Hälfte der Orangenmarinade, des Estragons und der Jus zugeben und 15 Min. bei mittlerer Hitze unter Deckel kochen. Deckel entfernen, restliche Jus und Marinade zugeben und auf die Hälfte einreduzieren. Topf vom Herd ziehen, restlichen Estragon zugeben und 5 Min. stehen lassen. Durch Feinsieb pürieren und nach Bedarf mit Salz und Pfeffer abschmecken.

 

Von der Orange ca. 2 EL Zesten abziehen, restliche Orange incl. der weißen Unterhaut schälen und in Scheiben schneiden. Lauchzwiebeln putzen und jeweils vierten.

Anrichten

Orangenscheiben und Lauchstücke in der Entenpfanne bei großer Hitze kurz anbraten. Kürbis auf vier große vorgeheizte Teller verteilen, Fleisch mittig aufsetzen, mit den Zesten bestreuen. Orangenscheiben und Lauch verteilen, Sauce kreisförmig nappieren, Kürbiskernöl dekorativ aufkleckern und schnell servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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