Hühnerstall

Zwischengericht für 4 Personen von Peter Wagner

Hühnerstall

Beim Seelenkern dieses Gerichtes, dem Huhn, sollte auf keinen Fall gespart werden. Masthühnchen aus Massentierhaltung kommen schon wegen ihres durch die Turbozucht wässrig aufgeblasenen und nahezu aromafreien Fleisches ohnehin nicht in Frage. Wer keinen direktvermarktenden Demeter-Geflügelbauern in der Nähe hat, kann auf herkömmlich zertifizierte Bio-Ware zurückgreifen, wobei zu beachten ist, dass sich die EU-Öko-Siegel, vereinfacht gesagt, eher auf die Ernährung denn auf die Lebensbedingungen der Tiere beziehen.

 

In Frankreich, wo Konsumenten seit jeher viel stärker auf Lebensmittelqualität achten, gibt es seit den 1960ern das Gütesiegel „Label Rouge“, das „bäuerliche Freilandhaltung“ garantiert: Das Geflügel hat nahezu unbegrenzt Auslauf im Freien und darf sich mit 81 Tagen doppelt so lange Zeit lassen, das Schlachtgewicht aufzubauen wie seine deutschen Qualzucht-Artgenossen. Seit Kurzem gibt es auch Label Rouge-Geflügel, das noch dazu Bio-zertifiziert ist, also zusätzlich zu der Freilandhaltung ausschließlich Öko-Futter bekommt.

 

© 2012 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 2 Stunden
Zubereitungszeit: 1 Stunde, 30 Minuten
Level: sous chef
Zubereitungsart: mise en place

Zutaten

Knuspriges Eigelb
6 Stück Eier, Bio-Qualität
75 g Panko
1 Liter Erdnussöl
Hühnerbrustfilets, Hühnerbrühe & Chips
1 Stück Schwarzfederhuhn, Label Rouge, ca. 1,3 kg
1 EL Zitronenöl
0,5 TL Estragon-Spitzen, frisch, fein gehackt
0,6 TL Salbei, Blättchen
0,5 EL Orangen-Zesten
0,5 EL Zitronen-Zesten
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 TL Orangen-Chili-Salz
3 Stück Lorbeerblätter
8 Stück Wacholderbeeren
3 Scheiben Ingwer in feine Scheiben gehobelt
1 TL Pfefferkörner, weiss
250 ml Geflügelfond
1 Prise Meersalz, fein
1 Prise Paprika, ungarischer
Hühner-Schmor-Ragout
30 g Butter
4 Stück Hühnerlebern, frisch, roh
4 Stück Hühnerherzen, frisch, pariert
2 EL Schalottenwürfel
1 EL Selleriebrunoise (Staudensellerie)
150 ml Portwein, weiss
100 ml Hühnerbrühe, frisch
50 ml Marsala-Wein
0,5 TL Tamarindenmark
1 TL Sardinenfilet
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
150 ml Hühnerbrühe, frisch
4 g Gelatine Sosa, vegetarisch
Petersilienpüree
300 g Petersilienwurzel
25 g Butter
1 Bund Petersilie, glatt, fein gehackt
100 ml Hühnerbrühe, frisch
2 EL Crème fraîche
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
Möhren-Pickles
1 Stück Karotte
1 Stück Karotte, gelb, klein
1 Stück Karotte, violett, klein
1 EL Schalottenwürfel
2 TL Pflanzenöl
1 EL Zucker, weiss
1 EL Kerbelblättchen, frisch
5 Stück Pfefferkörner, schwarz
1 TL Salz
50 ml Hühnerbrühe, frisch
150 ml Balsamicoessig, weiss
200 ml Wasser
Sauce & Garnitur
3 EL Schalottenwürfel
25 g Butter
75 ml Madeira
400 ml Hühnerbrühe, frisch
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle
20 g Butter, eiskalt
1 Schale Gartenkresse

Wein-Tipp

2011er Schäfer Fröhlich Weissburgunder QbA trocken

 

Beim Schäfer Fröhlich Weissburgunder offenbart die helle gelbgrünliche Farbe einen tropischen Hauch über den Tisch. Aromen von Honigmelone, frischer Minze, Mirabellen, Maracuja, Kiwi und mineralisch-erdigen Noten zeigen sich. Am Gaumen ein Spiegel der Nase - Frucht und Mineralien machen Hand in Hand mit dem Aroma reifer Pfirsiche und weiterer gelber Früchte sanft, geschmeidig aber von Würze durchzogen einen konzentrierten, kompakten und dennoch eleganten Abgang. T

Bewertung & Awards

BELVINI.DE 2012: 86 Punkte für 2011

Gault Millau 2012: 85 Punkte für 2010

 

 

Musik-Tipp

Hochküchenklassik beschallt man am besten mit Klassikern. Das können die zeitlosen Chansons von Edith Piaf sein, die knapp 50 Jahre nach deren Tod nun von Frankreichs Pop-Stimme Nummer Eins, Patricia Kaas auf „Kaas chante Piaf“ (H’ART) mit weniger Tiefgang aber deutlich mehr Druck als das Original interpretiert werden. Power und Herz zugleich haben dagegen die Versionen großer Soulhits von Ray Charles bis Otis Redding, die der Simply Red-Chef Mick Hucknall für das Album „American Soul“  (Warner) neu eingesungen hat – waschechter Old-School-R&B, vorgetragen von einer der schönsten Männerstimmen unserer Zeit.

Zubereitung

Knuspriges Eigelb

5 Eier anstechen und im Wasserbad bei 62º Grad Wassertemperatur 60 Min. garen (Wassertemperatur so genau wie möglich einhalten). Eier herausnehmen, in kaltem Wasser abkühlen lassen, pellen und das Eiweiß mit den Fingern vorsichtig vom Eigelb abstreifen.

 

 

Die Eigelbe sind sehr empfindlich und innen halbflüssig, deshalb immer eines zusätzlich zur Reserve zubereiten. Das sechste Ei verschlagen, die halbrohen Eigelbe in dem Frischei

 

 

und dem Panko panieren.

 

 

Kurz vor dem Anrichten im Erdnussöl gekochten 200 Grad max. 40 Sek. pro Ei kross frittieren (dann bleibt das Eigelb im Kern zartflüssig).

 



Hühnerbrustfilets, Hühnerbrühe & Chips

Huhn auf Zimmertemperatur bringen. Innen und außen unter fließendem Wasser abwaschen und trocken tupfen. Zerlegen: beide Brustfilets auslösen, Flügel abdrehen, Schenkel abschneiden – dabei möglichst viel Haut an den Schenkeln belassen am besten zusammen mit der Haut über den Brustfilets. Diese Haut vorsichtig

 

 

von den Schenkeln abziehen,

 

 

das Fett auf der Innenseite mit Messer abschaben und auf einem mit Backpapier ausgelegtem Backblech möglichst glatt ausbreiten.

 

 

30 Min. vor dem Anrichten leicht salzen und mit Paprika würzen, mit weiterer Lage Papier bedecken, mit zweitem Blech beschweren und im Backofen bei 180 Grad ca. 25 Min. kross braten.

 

 

Noch heiß vorsichtig in vier Längs-Teile zerschneiden, bereit halten.

 

In der Zwischenzeit das Fleisch von den Schenkelknochen abschneiden und für das Ragout bereit halten. Es dürfen noch reichlich Fleischreste an den Knochen bleiben. Brust-Karkassen mit Geflügelschere oder Beil zerkleinern, Flügel zerkleinern. Alle Karkassen in 1 l Wasser

 

 

zusammen mit dem Fond, und den Gewürzen kurz aufkochen und bei niedriger Hitze 1 Stunde ziehen lassen.

 

 

Durch Haarsieb seihen, Brühe auffangen, Rest entsorgen.

 

 

WICHTIG: Bei der Arbeit mit den Hühnerbrüsten hygienische Silikonhandschuhe tragen.

 

Brustfleisch unter fließendem Wasser abwaschen, trocken tupfen. Salbei und Estragon fein hacken.

 

 

ringsherum mit dem Öl einpinseln und auf den Oberseiten mit den restlichen Zutaten belegen.

 

 

Gemeinsam vakuumieren

 

 

und im Wasserbad bei 56º Grad 50 Minuten garen, dabei Zeiten und Temperatur möglichst genau einhalten (bei diesen Werten gart das Fleisch hellrosa/butterzart und bleibt hygienisch unbedenklich.

 

 

Hühnerbrüste entnehmen, Gewürze abkratzen.

 

 

Fleisch in Alufolie packen und warm halten (nicht über 50º Grad).



Hühner-Schmor-Ragout

Das Keulenfleisch

 

 

und die Innereien sehr klein (ca. 5 mm) schneiden. In der Butter in Sauteuse leicht Farbe annehmen lassen, aber nicht bräunen.

 

 

Zwiebeln und Sellerie zugeben, nach 3 Min. Portwein zugeben und komplett reduzieren. Marsala, Tamarinde und Sardellen (sehr fein gehackt) zugeben. Unter ständigem Rühren weiter köcheln, bis alle Flüssigkeit verdunstet ist.

 

 

Etwas abkühlen lassen. Ragout in kleine (ca. 4 cm) Servierringe einpressen.

 

 

Gelatinepulver in die aufkochende Hühnerbrühe mit Schneebesen klumpfrei einmischen, auf Teller Gelierprobe machen: Wenn 1 TL Flüssigkeit dünn aufgestrichen binnen 60 Sek. fest geliert, ist der Ansatz korrekt, andernfalls noch etwas Gelatine einmixen. Flüssigkeit auf die Servierringe verteilen und durch das Ragout sickern lassen.

 

 

In den Ringen im Kühlschrank 20 Min. gelieren lassen und vor dem Servieren im Backofen auf 65º Grad erwärmen.

 

Nach der Arbeit mit dem Hühnerfleisch sämtliche damit in Berührung gekommenen Utensilien heiß mit Spülmittel abwaschen, Hände waschen.




Petersilienpüree

Petersilienwurzel putzen, schälen, würfeln und in der Butter in Sauteuse oder kleinem Topf bei mittlerer Temperatur 3 Min. dünsten.

 

 

100 ml der selbst gemachten Hühnerbrühe zufügen, 10 Min. leicht köcheln lassen.

 

 

 

In der Zwischenzeit die Petersilienblätter abzupfen, waschen und sehr fein hacken. Zu den Wurzeln geben, Crème fraîche einrühren und weitere 2 Min. bei niedriger Temperatur köcheln lassen.

 

Im Mixer oder Blitzhacker kurz anmixen (nur 2-3 Impulse) und final mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

 

 

Mit Folie bedeckt warm halten.




Möhren-Pickles

Karotten hauchdünn schälen

 

 

und getrennt voneinander mit dem Sparschäler in Längsstreifen hobeln.

 

 

Sellerie und Schalotten kurz in der Butter anziehen, Fond, Wasser und restliche Gewürze zugeben und langsam auf ein Drittel reduzieren. Durch Feinsieb abseihen, Flüssigkeit auffangen. Essig zugeben, kurz kräftig aufkochen und die Karotten (zuerst gelbe und rote, dann getrennt die violetten) pro Sorte je 3 Min. blanchieren,

 

 

dann entnehmen, aber nicht abschrecken.

 

 

Sud etwas abkühlen lassen, dann Karotten getrennt voneinander 30 Min. darin marinieren.



Sauce & Garnitur

Für die Sauce die Schalotten in der Butter anschwitzen, mit dem Madeira löschen, einreduzieren. Fond zugeben, kurz aufkochen und 20 Min. langsam einreduzieren. Pürieren und passieren und noch etwas einreduzieren. Erst jetzt mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kurz vor dem Servieren mit der eiskalten Butter aufglänzen.

 

Anrichten

Hühnerbrüste diagonal zur Faser in Streifen schneiden,

 

 

kurz in der Sauce erwärmen.

 

 

In vier tiefe, gut vorgeheizte Teller (z.B. kleine Pastateller) je einen Klecks Püree mittig geben,

 

 

Servierring daneben setzen und vorsichtig abziehen.

 

 

Sauce angießen.

 

 

 

Krosses Ei und die Bruststreifen anlegen, Karotten-Pickles verteilen, Hühnerhaut-Chip als Segel in das Ragout stecken. Mit der Kresse ausgarnieren und sofort mit Messer, Gabel und Löffel servieren.

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
www.kochtext.de